Keusch mit dem Hintern wackeln

October 18th, 2006

Die Schüler könnten ihre Partys zurückhaben, wenn sie sicherstellen, dass nur noch keusch getanzt wird.

Berichtet SPON, und ich bin versucht zu gähnen “So war es doch schon immer“, auch wenn ich mir nicht sicher bin, dass es wirklich schon immer so war.

Frankreich, die Jugendlichen, die Randale und der Islamismus

October 18th, 2006

Heute gleich zweimal ein paar vernünftige Worte von John Rosenthal zu Diskussionen, die so gerade keiner (mehr) führen mag, oder treibe ich mich bloß nicht mehr genug in den einschlägigen Foren rum? Wie auch immer, beim Transatlantic Intelligencer schreibt er über die Rolle des Islamismus für randalierende Jugendliche in Frankreich:

A teenager from the French banlieues yelling “Allahu Akbar” is no more proof that he is an Islamist than a teenager from Seattle wearing a Che t-shirt is proof that he is a Marxist-Leninist.

Gewissermaßen den Hintergrund dafür liefert sein Artikel The French Path to Jihad bei policyreview.org; ich habe sehr lange keine so erhellende Analyse von irgendetwas, das unter dem Begriff des Islamismus gefasst wird, mehr gelesen. Er kommt zu einigen wirklich bemerkenswerten Schlussfolgerungen:

As with the subjects of the Khosrokhavar interviews, Moussaoui’s relationship to France is “conflicted,” to say the least. Nonetheless, when, early on in the court proceedings against him and in an apparent gesture of multicultural sensitivity, Judge Leonie Brinkema advised Moussaoui that he would in her court have to abide by rules with which he might be unfamiliar from “his culture,” Moussaoui pointedly replied: “by the way, I’m born in France, educated — I have a masters degree in international business. I’m fully acquainted with western system of justice, okay?

[…] in comparison to the passionate and thickly detailed indictment that Khosrokhavar’s Islamist interlocutors draw up against France, their hostility toward the U.S. has an abstract, theoretical air to it. It is, in short, a matter of doctrine. […]

By contrast, the hatred of France that the interviewees express is clearly a heartfelt product of experience, an experience that has both a historical and a personal dimension.[…]

It is important to note that in the most psychologically informative accounts, the primary feeling is of “not being French.”[…]

One of the most fascinating and significant features of the Khosrokhavar interviews is that the mechanism of this transference of hate is clearly observable. Time and again, an inmate, having provided an inventory of the sources of his frustration in France, suddenly announces his intention to purge the full charge of his hatred in fighting against Israel and the United States.[…]

Could not, then, the entry of French Islamists into jihad — not against France, but against precisely America — be rather a last desperate attempt to prove their worthiness of the affections and respect of French society: to prove, in effect, that they, the Islamists, are the better Frenchmen?

Manches an dem Text halte ich für fragwürdig – z.B. die Annahme, die Erwähnung von französischen Rassismus habe ‘Alibicharakter’ -, aber er ist es wert, in ganzer Länge (er ist ganz schön lang) gelesen zu werden.

Ob ich mir allerdings wirklich wünsche, dass die üblichen Verdächtigen über ihn diskuttieren, nun ich bezweifle es.

Sex and the City in Ägypten

October 18th, 2006

“So she is veiled and engaged to a dude in the States, but has a boyfriend here, who is also engaged to another veiled girl and thinks that she broke off the engagment with her fiance because she lied to him about it, and yet she gives you religious lectures? Nice.”

Ich habe bisher keine einzige Folge von Sex and the City gesehen, aber Sandmonkeys Dialoge aus Kairo sind großes Kino.

P.S. Die Kommentare sind auch hübsch:

Sometimes I see holy writings like clouds…stare at it long enough and it takes on all kinds of shapes.

Ehrenwerte Gesellschaft

October 18th, 2006

Anlässlich einer Klärung der Verhältnisse in Bezug auf die russische Seite allofmp3.com erläuertert die IFPI nochmal, wie das so ist mit dem Club der nationalen Verwertungsgesellschaften, und warum die Föderation zu den Guten gehört. Dazu gibz noch einen Überblick über den Stand des Kampf dem Filesharing aus dieser Perspektive, und ich finde es immer wieder erstaunlich, wie die Abwesenheit von klärenden Gerichtsurteilen von der Industrie als Sieg dargestellt wird:

Over 2,300 of people have already paid the price for illegally file-sharing copyrighted material, with average legal settlements of €2,420.

The money they have had to pay as a result of the court cases could have been spent on other things.

Ach, echt jetzt? Aber ein Vergleich ist eben kein Urteil, schon gar nicht eines darüber, ob und wenn ja welche Strafe angemessen sei.

Edit: Allofmp3.com versucht dagegen zu halten, bzw. Kreditkartenunternehmen klar zu machen, dass sie keine Gerichte sind:

Es sei nicht Sache der Kreditkartenausgeber, darüber zu befinden, ob AllofMP3 legal sei oder nicht, erklärte das Unternehmen. AllofMP3 sei bisher durch kein Gericht wegen Rechtsverstößen verurteilt worden.

Mehr bei Heise.

Undeutsche Farben, undeutsche Worte und deutscher Gesang

October 16th, 2006

Aus einem Interview der aktuellen Galore mit dem Farbpsychologe Harald Braem:

Galore: Vor zwei Jahren etwa waren Pink und Rosa schrecklich angesagt – und zwar auch in der Männermode.
Braem: Das stimmt. In Deutschland allerdings gibt es den Typ Mann, auf den diese Vorliebe zuträfe, gar nicht: den sensiblen Banker. Zumindest nicht als Hetero.Trotzdem fand man in sämtlichen Katalogen Hemden und dergleichen in diesen Farben. Der deutsche Mann denkt da sofort:”Ich bin doch nicht schwul!”

In der selben Ausgabe verkündet Julio Iglesias:

…wenn ich zum Beispiel die Sachen höre, die ich auf Deusch gesungen habe, wäre ich am liebsten auf der Stelle taub. Ich kann sie nicht ertragen.

Und Ivo berichtet, wozu er den Fremdwörter-Duden benutzt: „für das Verstehen und die Vermeidung fremder Wörter“, wobei mich der von ihm zitierte offizielle Sinn dieses Buches doch etwas verwirrt:

Notwendig für das Verstehen und den Gebrauch fremder Wörter

Mich erinnert das durchaus an jenen Hans Müller, aber die Wikipedia erklärt, wie es gemeint ist:

Ein Fremdwort ist ein Wort, das aus einer anderen Sprache übernommen wurde und das sich in Lautstand, Betonung oder Schreibung der Zielsprache (noch) nicht angepasst hat, so dass es als fremd empfunden wird.

Aber auch, warum das eigentlich Schwachsinn ist:

In der modernen Sprachwissenschaft ist der durch Herkunft definierte Begriff des Fremdworts zunehmend umstritten. Daneben erscheint es sinnvoll, einen von allen Sprechern benutzten Grund-Wortschatz (zum Beispiel Haus, Mutter, aber auch Telefon, Computer) von einem Aufbau-Wortschatz und einem Rand-Wortschatz zu unterscheiden. Der letzte enthält Wörter, die nicht von allen beherrscht werden (zum Beispiel Phänomenologie, Thriller, aber auch gewärtigen oder Seinsverständnis bei Heidegger). Die Grenzen sind natürlich fließend.

Ein deutsches Fremdwort ist also ein Wort, bei dem Deutsche Fremdeln, und noch einmal will ich die Wikipeda zitieren, wie sie Adorno zitiert:

Fremdwörter sind die Juden der Sprache.

Damn. Was Ivo wohl dazu sagt?

Funkerspuk, Fnord und Ferblendungszusammenhang

October 15th, 2006

Wenn mich nicht alles täuscht verkündet mir die Pentabarf Instanz für den 23C3 – Who Can You Trust? inzwischen, dass ich sowohl einen Vortrag über die deutsche Paranoia gegenüber dem Radio halten darf (geschichtsträchtig, geht es doch u.a. darum, wie gründlich schon in der Weimarer Republik für Zensur gesorgt wurde, und wie leicht dies die propagandistische Gleichschaltung dieses Mediums den Nazis machte), als auch zusammen mit Classless über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Kritischer Theorie und Diskordianismus, Adorno und Robert Anton Wilson orakeln. Aus vorfreudigem Übermut hier schonmal die vorläufigen Ankündigungstexte, und wenn irgendwem noch etwas zu einem der Themen einfällt, und sei es nur eine Frage, ich nehme alles dankbar entgegen… Read the rest of this entry »

Deutsche Lust

October 13th, 2006

Wenn Beyoncé singt “A little sweat never hurt my body” ist das so weit von der deutschen Übersetzung “Ein wenig Schweiß hat meinem Körper noch nie geschadet” entfernt wie “shaking your booty” von “arbeiten”. Wobei Adorno der Meinung war, das eine sei kaum mehr als das Spiegelbild des anderen, und auch wenn er damit nicht ganz daneben lag erklärt es das nicht allein.

Sowas von überhaupt nicht. Ging das Tanzen nicht sogar dem Arbeiten vorraus?

uuh jeeeaaaarrrrrrrrrrh

October 13th, 2006

At a certain point I lose track of what’s post-jungle, gabba-fried power-noise, and what’s blackened noise metal with programmed blastbeats.

Patternloader

Spürst du den Rhythmus? #2

October 12th, 2006

Der Focus hat im Juli die Agenturmeldung über den possierlichen Musikwissenschaftler sogar noch ausführlicher abgeschrieben, als die Rhein-Neckar-Zeitung:

Er nennt Sätze wie aus dem Song „Funky“ von Tic Tac Toe: „Ich sitz auf seinem Schoß/ Ein kleiner Traum wird riesengroß/Ich fühl mich funky – au Ich fühl mich funky“, die ihm zu denken geben.

Eine runde Mitleid für die Tonträgerhersteller

October 11th, 2006

Ich hatte heute das Vergnügen die Jahreswirtschaftsberichte des Bundesverbandes der phonographischen Industrie seit dem ersten Erscheinungsjahr 1960 auswerten zu dürfen; vor allem interessierte mich die Entwicklung der Verkaufszahlen von Compact Cassetten bzw. ‘MusiCassetten’ (MCs). Ein Seiteneffekt war, dass ich das Aufkommen und den Verlauf der wohl ersten Kopier-Hysterie der Urheber- bzw. Verwertungsrechte besitzenden Klasse in ihren eigenen Worten nachvollziehen konnte. Meine Erkenntnisse:

Eine empfindsame Industrie und der Tonträgerabsatz von Norwegen

1969 wird die MusiCassetten erstmals von der Industrie als relevantes Medium empfunden und im Jahresbericht aufgeführt, es werden ca 1.75 Mio. Stück verkauft, davon die Hälfte ins Inland. In den folgenden Jahren steigern sich diese Anteile beständig, wobei die MC im Laufe der Zeit einen immer größeren Anteil am Wachstum der Stückzahlen des Tonträgermarktes hat. Nicht so groß ist ihr Beitrag zum Umsatz dieses Marktes, ist sie doch klar ein ‘Niedrigpreismedium’. 1977 fällt der phonographischen Industrie dann auf, dass ja auch Leerkassetten verkauft werden. Immernoch kann sie ein hübsches jährliches Wachstum aufweisen, ist aber der Meinung:

Besonders schwerwiegende wirtschaftliche Auswirkungen, deren Gewicht ständig steigt, haben das private Mitschneiden von Tonträger-Repertoire und die Tonträger-Piraterie. Die sich daraus ergebenden Probleme werden von den Tonträgerherstellern in steigendem Maße empfunden: Die vorliegenden Marktergebnisse sind davon mitgeprägt.

In den folgenden Jahren geht es ordentlich rund; 1978 stagniert der Kassettenmarkt erstmalig, und der Kampf der Leercassette wird aufgenommen:

Er beträgt 1978 29,2 % gegenüber 29,3 % im Vorjahr, ein deutliches Alarmzeichen für die Folgen des Vormarsches von Leercassetten. Private Mitschnitte auf Leercassetten sind, wie eine im vergangenen Jahr veröffentlichte Untersuchung der Gesellschaft für Marktforschung beweist, zu einem der wichtigsten Träger für die Verbreitung von Musik geworden. Die so gut wie kostenlose Nutzung der urheberrechtlich geschützten Leistungen stellt für den Musikmarkt eine ernste Bedrohung dar. Die geforderte Abgabe auf Leercassetten darf nicht verzögert werden…

1979 fällt ihr auf:

Mit den 1977 in der Bundesrepublik verkauften Leercassetten hätten alle im Jahr 1977 verkauften bespielten Tonträger (das waren 178,4 Millionen Stück) mitgeschnitten werden können. Es steht zu befürchten, daß unter den heutigen Verhältnissen sogra noch zusätzlich Platz wäre für den Tonträger-Absatz eines Landes wie etwa Norwegen.

1983 schließlich, in dem Jahr, in dem erstmals auch die CD aufgeführt wird, haben die Privatkopierer die Macht übernommen:

Privates Kopieren ist bei Musik inzwischen die mit Abstand wichtigste Nutzungsart geworden. Es wird jährlich weit mehr Musik privat kopiert als insgesamt auf Schallplatten und MusiCassetten verkauft werden kann. […] Mit einem geschätzten Jahresabsatz von inzwischen über 100 Millionen Stück ist die Leercassette zum wichtigsten Aufzeichnungsträger für Musik geworden.

Bemerkenswert im internationalen Vergleich ist, dass in Deutschland die MusiCassette nie zum dominanten Musikmedium geworden ist, sondern die Vorherrschaft von der LP gleich auf die CD überging, ganz im Gegensatz z.B. zu den USA, wo Ende der 1980er Jahre weit mehr MusiCassetten verkauft wurden als Platten und/oder CDs. Wer Lust hat, daraus Schlussfolgerungen über die Aufgeklärtheit der jeweiligen Popkultur zu ziehen, ist herzlich eingeladen, das an dieser Stelle zu tun;-)

P.S.: Die meiste Zeit über habe ich es geschafft, meine Blicke von den Jahrescharts, Auflistungen der Goldenen Schallplatten etc. fernzuhalten. Nur einmal war ich leichtsinnig und las, wie sich die Musikindustrie irgendwann in den 1980ern freute, ihre Krise mit Hilfe innovativer Künstler wie u.a. Modern Talking überwunden zu haben…