Zur Kritik der Kritischen Theorie, einer Veranstaltung der Freunde der offenen Gesellschaft am 25.07.2006
Ich empfehle die Doppellektüre mit Classless Text – ich habe vielleicht nicht mehr, aber auf jeden Fall anders mitgeschrieben.
Die Positivisten der FdgO machten sich die Mühe, aus Adornos Schriften positive Aussagen zu extrahieren, und Eindeutigkeiten herzustellen, wo keine sind. Natürlich findet man auf diese Weise viel Schreckliches, besonders wenn man Dialektik als “totalen Quatsch” begreift, und die entsprechenden Wendungen bei Adorno einfach wegfallen läst. Um einmal in den Kritische Theorie-Baukasten zu greifen: Das aber ist ein Unterschied ums Ganze. Hat man ihn einmal so zurecht gestutzt und misst ihn an den Kriterien der positivistischen Wissenschaft, die seine Schriften gar nicht erfüllen wollen, ist es ein leichtes, die Ergebnisse dieses Prozesses in Grund und Boden zu kritisieren. Es ist keine Kunst, ein Ziel zu treffen, das man sich selbst gerade erst gebaut hat. Erst wenn man unterschlägt, dass Adorno die per Definitionem eine Totalität der kapitalistischen Vergesellschaftung explizit als Ausgangspunkt seiner Überlegungen nimmt, ergibt es Sinn, ihn dafür zu kritisieren, dass er immer wieder auf sie zurück kommt, und nur, wenn man nicht weiß, was der Begriff des ‘Materials’ bei ihm bedeutet, kann man seine Dankbarkeit für die Empirie in den USA als Revision begreifen. Der gesamte Beitrag von Silke Tempel krankte daran, dass sie Widersprüche sah, wo man von der Dialektik sprechen müsste. Und die Dialektik wiederum lässt sich ohne Probleme vom Tisch wischen, wenn man sie auf Steine und Bäume bezieht, und nicht auf gesellschaftliche Vorgänge.
Wenn also der Vorwurf an Adorno lautet, er habe es sich in der kindischen Utopie, die man ihm gerade selbst in den Mund gelegt hat, zu einfach gemacht, so kann man feststellen, das die Vertreter der FdgO anscheinend Widersprüche, Uneindeutigkeiten und Dialektik schlicht nicht ertragen. Es ist sehr bedauerlich, wie in diesem ganzen Wust kein Platz für eine Kritik war, die ihren Gegenstand halbwegs ernst nimmt. Man hätte sich die ganze Veranstaltung mit der Feststellung der unterschiedlichen Prämissen und deren Unvereinbarkeit sparen können.
Im folgenden habe ich möglichst knapp meine Notizen wiedergegeben, größtenteils zu ganzen Sätzen ausgewalzt. Ich gehe nicht darauf ein, was ich von den einzelnen Aussagen jeweils halte – vielleicht findet sich später noch etwas in den Kommentaren. Read the rest of this entry »